Wenn in wenigen Tagen das Bundeskabinett den Einsatz deutscher Tornado-Aufklärungsflugzeuge über Afghanistan erlaubt und später auch der Bundestag – woran kein Zweifel besteht – dieses Votum mehrheitlich unterstützt, wird Deutschland zum unmittelbaren Kriegsteilnehmer in Afghanistan – und damit zum Nachfolger der britischen Kolonialmacht, die bereits im 19. Jahrhundert nach blutigen Kämpfen erstmals von den Afghanen geschlagen wurde und 1921 endgültig abziehen musste, und der Sowjetunion, deren zehnjährige Besatzung des Bergstaates 1989 ebenso schmählich endete. Denn alle Haarspalterei darüber, dass Aufklärungsflüge keine unmittelbaren Kampfeinsätze sind, verfangen angesichts moderner Kriegführung nicht. Bodentruppen sind heute ohne Aufklärer so unwirksam wie es ein Metzger wäre, der vom Bauern kein Fleisch geliefert bekommt.
Der deutsche Kriegseintritt liegt in der Logik der politischen Veränderungen durch die letzte Bundestagswahl. Zwar hatte die rot-grüne Regierung ihre Linie weitgehender Abstinenz von kriegerischen Handlungen im Ausland vielfältig selbst in Frage gestellt, aber einige der eingeschlagenen Pflöcke wollte sie dann doch nicht überschreiten. Nun aber bestimmen CDU und CSU die Richtlinien der Politik, und die Union hatte es ja bereits 2001 in die Koalition der Willigen gedrängt, die mit den USA ins irakische Kriegsabenteuer zogen. Nun kann (und muss!) sie das damalige Versprechen einhalten; gelegentliches Zögern, das angesichts des absehbaren Ausgangs in Irak und vermutlich auch in Afghanistan verständlich ist, wird seitens der NATO und ihres amerikanischen Hegemons kühl ignoriert. Die SPD schwenkt auf diese Linie ein. Nicht wenige, die wie deren damaliger Verteidigungsminister Peter Struck, der Deutschland schon immer am Hindukusch verteidigen wollte, die Schrödersche Festlegung hinsichtlich Iraks bereits damals für falsch hielten, behalten nun endlich recht, und die ablehnenden Linken werden in bewährter Weise diszipliniert.
Die Opposition ist gespalten, aber FDP und Grüne werden wohl mehrheitlich zustimmen – erstere, weil sie in dieser Frage denn doch eher so denken wie der einst angestrebte Koalitionspartner CDU/CSU, letztere aus dem dringenden Bedürfnis heraus, nach Verlust des Außenministeramtes doch noch etwas im Weltgeschehen mitsprechen zu wollen. Die Linkspartei kann dagegen wenig ausrichten – auch wenn ihre Warnung vor dem endgültigen Kriegseintritt in Afghanistan in der Bevölkerung populär ist. Denn Militärbeobachter sind sich längst sicher, dass die Aufklärungsflüge nur der Anfang eines viel umfassenderen und vor allem sehr blutigen Bundeswehreinsatzes weit weg von den deutschen Grenzen sein werden.