Man muss den SPD-Vorsitzenden Kurz Beck nicht gerade für einen großen Außenpolitiker halten, doch in dieser Sache hat er unbedingt Recht, auch wenn die Hobby-und Nachwuchs-Außenpolitiker der Union das anders sehen. In Afghanistan wird es auf Dauer keine Lösung geben, die die Taliban nicht mit einbezieht. Sie haben, ob man das nun gerne sieht oder nicht, im Land offensichtlich wieder eine Mehrheit hinter sich gebracht – vor allem dadurch, dass die amerikanischen und NATO-Invasoren es nicht vermochten, rechtzeitig von der militärischen Karte auf die zivile zu wechseln und den Menschen am Hindukusch tatsächlich zu helfen, statt sie mit Waffengwalt zu ihrem »Glück« zwingen zu wollen. Das haben in Afghanistan schon viele andere versucht, und keiner hat es vermocht. Auch den USA, der NATO und der EU wird des nicht gelingen, denn der Wille der Völker ist nun einmal stärker als selbst die ausgeklügeltsten Waffen fremder Heilsbringer.Daher kann eine Lösung in Afghanistan nur mit allen Beteiligten gefunden werden, die Taliban eingeschlossen. Wie dass geschieht, muss den Afghanen weitgehend selbst überlassen werden, was im Klartext heißt: Der militärische Einsatz gehört beendet und nicht – wie jetzt mit deutschen Tornados – ausgeweitet. Natürlich kann dies die Rückkehr der Gotteskrieger mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen von menschlichen Zusammenleben bedeuten, doch dieses Problem können die Afghanen nur unter sich selbst ausmachen. Der Export einer Lebensweise, noch dazu der nicht gerade vorbildlichen westlichen, wird wie bisher auch künftig nicht zum Erfolg führen. Veränderungen in Afghanistan sind nur über einen langen, schwierigen Prozess möglich, aber das ist der einzige Weg. Gerade erst hat sich das so fortschrittliche Europa über die Annäherung in Nordirland gefreut. Weiß noch jemand, wie lange der dortige Konflikt mit ungezählten Terroranschlägen schwelte?
Vernünftige Leute in Afghanistan und außerhalb haben das längst erkannt. Selbst Präsident Karsai, vom Westen eingesetzt, denkt in diese Richtung. Dass andere der neuen Machthaber in Kabul sich strikt dagegen wehren, verwundert nicht. Denn die Einbeziehung der Taliban würde ihre Macht beschneiden, und vor allem jene, die sich dem Westen besonders angedient haben, müssen um ihre Zukunft fürchten. Aber wenn man den Sumpf trocken legen will, darf man nicht zuerst die Frösche um Erlaubnis fragen.