Pünktlich zu Beginn des Weihnachtgeschäftes macht sich Angela Merkel zum Werbeträger des Handels. In ihrer jüngsten Videobotschaft ermahnt sie uns alle, »die Nachfrage im Lande, den Binnenkonsum« zu stärken. Denn, schließlich so argumentiert sie, habe uns ihre Politik eine wohl gefüllte Geldbörse verschafft, die wir nun doch auf den Ladentischen ausschütten sollten. 270 Euro habe jeder »Durchschnittsverdiener« allein dadurch mehr im Portemonnaie, dass der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2008 von 4,2 auf 3,3 Prozent gesenkt wird, erklärt sie stolzgeschwellter Brust. »Ich finde, das kann sich sehen lassen.«
Das Geld allerdings finden weder der Durchschnittsverdiener noch die von der Kanzlerin durch die Ablehnung von Mindestlöhnen ständig vermehrten Geringsverdiener oder gar solche Nichtverdiener wie Arbeitslose und Rentner in ihren Portemonnaies – derzeit schon gar nicht und auch im neuen Jahr keineswegs. Die Durchschnittsverdiener deswegen nicht, weil der von Angela Merkel genannte angebliche Gehaltszuwachs von 270 Euro einen Verdienst von 5000 Euro im Monat voraussetzt,. Denn die Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung um 0,9 Prozent kommt nur zur Hälfte beim Beschäftigten an, also 0,45 Prozent, während die andere Hälfte einmal mehr eine Entlastung der Unternehmen darstellt, die derzeit noch diesen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung abzuführen haben und deshalb so vehement um deren ständig weitere Reduzierung kämpfen. 0,45 Prozent für die Beschäftigten aber sind 270 Euro lediglich bei jenen, die im Jahr 60000 Euro verdienen.
Dass ausgerechnet die Naturwissenschaftlerin Angela Merkel zu solchen Manipulationstricks greift und dabei noch nicht einmal die offiziellen Zahlen ihrer eigenen Regierung berücksichtigt, zeugt von der wachsenden Konfusion in der Koalition angesichts wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung und zunehmender Streikbereitschaft in der Wirtschaft. Denn die regierungsamtliche Information über die Senkung der Arbeitslosenversicherung sprach von jährlichen Durchschnittsverdiensten von 33000 Euro; da wären 0,45 Prozent gerade einmal 148,50 Euro im Jahr oder 12,38 Euro im Montag – fürwahr eine fürstliche Ausstattung für das von der Kanzlerin angemahnte Weihnachtsshopping zur Rettung unseres Binnenmarktes.
Noch weniger aber als die so verhöhnten »Durchschnittsverdiener« finden jene mehr Geld in ihren Taschen, die ohne Arbeit sind oder aber zu Niedrigstlöhnen jobben müssen. Letzteren hat die Kanzlerin gerade erst mit ihrer Entscheidung, Mindestlöhne für die Postbranche abzulehnen, jede Hoffnung auf ein besseres Einkommen genommen. Und wir alle werden Mitte nächsten Jahres mit der Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung um 0,25 Prozent wieder einige Euro aus unseren ach so prallen Geldbörse verlieren. Kein Wunder also, dass der von Angela Merkel so dringlich gewünschte Kaufrausch nicht einsetzt. Die Menschen können eben doch besser rechnen als die Kanzlerin, ungeachtet ihres Doktorhuts.
In der letzten“Maybrit Illner“-Sendung sprach Volker Kauder sogar wörtlich von eklatanten Rentenerhöhungen als Folgewirkung der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Fürchten die Politiker eigentlich nicht, dass sie ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit verlieren?
Da paßt doch ganz gut folgender Link, wo wir mal „Durchschnittsverdiener“ aufgedröselt haben: http://www.deutschland-debatte.de/2007/11/13/der-streit-um-ein-nichts/.