Mit ihrer gestrigen Rede im Bundestag hat Angela Merkel klar zu erkennen gegeben, dass sie mit einer Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition über 2013 hinaus nicht mehr rechnet. Für sie und ihren Partner FDP geht es nur noch darum, möglichst viel von ihrem neoliberalen Programm – und das so irreversibel, wie es nur geht – durchzusetzen und damit die politische Landschaft auch danach noch zu prägen – unabhängig von der Parteienkonstellation, die dann regiert.
Erstes und bisher deutlichstes Anzeichen dafür war die Blockierung des von Rot-Grün beschlossenen und von der großen Koalition nicht angetasteten Ausstieges aus der Kernenergie. Nicht nur, dass die Kanzlerin eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten in zweistelligen Jahreszahlen durchsetzte. Sie sicherte der Atomindustrie auch noch in einem gesonderten und von dieser weitgehend diktierten Vertrag die Erhaltung ihrer Superprofite über die schwarz-gelbe Regierungszeit hinaus zu. Gestern lieferte sie weitere Belege dafür, dass sie nun endlich »durchregieren« will; sie kündigte einen »Herbst der Entscheidungen« an, »wichtige Weichenstellungen«. Was darunter zu verstehen ist, darüber ließ sie keinen Zweifel. Sie bekannte sich noch einmal zum Atomvertrag mit den Großkonzernen, verteidigte die Gesundheitsreform und bat die FDP nur flehentlich, keine Zwei-Klassen-Medizin zuzulassen. Sie kritisierte an der SPD nicht etwa deren sozialpolitische Sündenfälle, sondern dass sie jetzt noch einmal über die Rente mit 67 und die »Agenda 2010« diskutiere. Und sie stellte sich, gewissermaßen als Sahnehäubchen, demonstrativ hinter das Stuttgart-21-Projekt, das gerade auf den erbitterten Widerstand einer Mehrheit in der baden-württembergischen Hauptstadt trifft.
In all diesen Fragen regiert Angela Merkel gegen den erklärten Willen der Bürger, und zwar ganz bewusst. Hatte sie anfangs vielleicht noch gehofft, ihr Amtsbonus aus den Zeiten der großen Koalition würde fortwirken, und daher zurückhaltend taktiert, lässt sie nun, da diese Rechnung nicht aufging, die Maske fallen. Ohne Rücksicht auf die Meinung der Wähler wird sie ihre Politik künftig flächendeckend an den Erwartungen des Kapitals orientieren und dabei in Kauf nehmen, dass die schwarz-gelbe Koalition im Land verbrannte Erde hinterlässt, was auch für künftige Regierungen zu einer schweren Bürde zu werden droht.
Warum kann eine so harmlos und sympathisch wirkende Frau wie Angela Merkel nur eine so schlimme Politik ungeniert vorantreiben? Vielleicht einfach auch aus dem Grunde, weil sie schlicht nicht weiß, wie es anders und besser gehen könnte. Da Merkel zudem ein „gebranntes Kind“ aus dem auch ökonomisch abgewirtschafteten Realsozialismus der DDR ist, wird sie sich kaum mit gesamtgesellschaftlicher Wirtschaftsplanung befassen wollen. Das könnte sich allerdings als gravierender Fehler aus Unkenntnis erweisen:
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